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Die Geschichte der Informatik hat sich – zunächst noch bescheiden als eine klassische „Rechentechnik“ – über nur wenige Jahrhunderte „dahingeschleppt“ und erst mit der Erfindung des Computers einschließlich der dafür unverzichtbaren Software als eigenständige Wissenschaft etabliert.
Als das Buch „Vom Abakus zum Internet“ geschrieben wurde (2001) waren Internet und WWW noch kein Jahrzehnt auf dem Markt und an Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube überhaupt nicht zu denken. Das Nachfolgende ist deshalb als historische Reminiszenz zu verstehen, deren zeitlicher Rahmen nur bis zum Ende des 20. Jahrhunderts reicht.
In der Kultur der Inka, einst angesiedelt in den heutigen Staaten Bolivien, Ecuador und Peru, erreichte das Zählen mit Knoten eine hohe Perfektion. Der quipu („Knoten“), vorwiegend zu Aufzeichnungen in deren Verwaltung eingesetzt, bestand aus einer Haupt- oder Kopfleine, an die verschiedenfarbige Schnüre geknotet waren. Durch Knoten wurden diese zu Gruppen zusammengefaßt und bekamen einen entsprechenden Stellenwert, beginnend mit den Einern am unteren Ende und gefolgt von den höheren Stellenwerten. Mittels farbiger Fäden wurden weitere semantische Zuordnungen möglich: weiß für Geld oder Frieden, gelb für Gold, rot für Blut oder Krieg. Auf diese Weise konnte man konkrete Sachverhalte reproduzierbar speichern und die quipu allumfassend einsetzen. Die große Bedeutung ist auch daran zu erkennen, dass man in Städten, Dörfern und Distrikten die Oberaufsicht einem königlichen Beamten, dem quipucamayoc („Wächter der Knoten“), übertrug. Eine Abart des quipu, der chimpu, ist noch heute in Bolivien und Peru anzutreffen. Auch in China existierte ein System der Knotenschnüre für Buchhaltung und Archivwesen, was nach chinesischer Überlieferung durch den Kaiser Shen Nung eingeführt worden sein soll. Einen entsprechenden Hinweis aus der ersten Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts konnte auch Joseph Needham, profunder Kenner der chinesischen Wissenschafts- und Technikgeschichte, im „I-Ging“ („Buch der Wandlungen“) finden; er schreibt: „In den allerältesten Zeiten wurden die Menschen durch ein System verknoteter Schnüre (Kieh Shêng) regiert.“3 Vergleichbares findet sich auch bei den tibetanischen Mönchen, bei den sibirischen Schamanen oder in Form der Gebetsriemen in den religiösen Bräuchen des Judentums. Auch die in Süddeutschland noch bis ins 20. Jahrhundert hinein gebräuchlichen Müllerknoten zählen dazu; mit ihnen notierten die Müller Menge und Art des an die Bäckereien gelieferten Mehls auf einer Sackschnur. Unterschiedliche Knotenformen garantierten hinreichende Sicherheit und problemlose Abrechnung der Waren.
Die Bewohner der japanischen Ryukyu-Inseln verwendeten bis ins 20. Jahrhundert Knotenschnüre – genannt Warazans – aus Reisstroh, aber auch Rindenbast, Blattfasern der Banane und des Palmfarns, um Steuerabgaben, Lehnsdienste und Teilnahme an Versammlungen zu zählen und zu berechnen.
Die Rezeption der vielfältigen Schriften war äußerst unterschiedlich: Manche Bücher verließen kaum das akademische Terrain, andere hingegen wurden rege gelesen und – begünstigt durch das noch fehlende Copyright – endlos oft nachgedruckt. Einer der erfolgreichsten Autoren jener Zeit war Adam Ries, auch als Adam Riese geläufig. Er ragt aus diesem Raster von Gelehrten und Praktikern insofern heraus, als sein Wirken ausschließlich darauf gerichtet war, die Rechenkunst „dem gemeynen mann nutzlich zu machen“. Mit diesem Credo erreichte er in ganz Deutschland sehr große Popularität. Sein erstes, 1518 erschienenes Rechenbuch – es umfasste 44 Blätter – galt dem im Volke beliebten „Linienrechnen“ und war sowohl zum Selbstgebrauch als auch für Schulen gedacht. Später erst behandelte er das „Rechnen mit der Feder“, also das schriftliche Rechnen unter Verwendung der indo-arabischen Ziffern, obwohl er als Beamter im erzgebirgischen Bergbau dem von Herzog Georg verfügten „Befehl“ unterlag, alle Berechnungen in „deutschen tzalen“, also in römischen Zahlzeichen vorzunehmen. Das zweite Rechenbuch wurde der größte Erfolg; denn es erschien in (mindestens) 108 Auflagen. Auch die 1550 veröffentlichte „Practica“ war im Wesentlichen als Lehrbuch für den Rechenunterricht gedacht. Viele Rechenmeister orientierten sich an Riesens methodisch und didaktisch vorbildlich ausgearbeiteten Aufgaben, die nach dem System „Ansatz, Ausrechnung und Probe“ gestaltet und zudem „schön declariret“ waren. Selbst der berühmte mathematische Schriftsteller Michael Stifel, der für seine „Deutsche Arithmetik“ die Regula falsi übernommen hatte, rechtfertigte dies damit, seine eigenen Exempel könnten nicht so „holdselig“ ausfallen wie die von Adam Ries.
Der Inhalt der verschiedenen Rechenbücher gleicht sich weitgehend: Zunächst wird das Nummerieren, also die Benennung der Zahlen, dargelegt. Dann folgen Anweisungen, wie Addition, Subtraktion, Verdoppeln, Halbieren, Multiplikation und Division auszuführen sind. Arithmetische und geometrische Reihen werden unter Progressio, die Dreisatzrechnung unter Detri abgehandelt. Einen breiten Raum nehmen praktische Sachgebiete ein, z. B. Geldwechsel, Gewandrechnung, Silber- und Goldrechnung, Gesellschaftsrechnung, Stich (Tausch). Zur Erleichterung von Umrechnungsoperationen der nichtmetrischen Maß-, Währungs- und Gewichtseinheiten folgen unter der Überschrift Resoluirung schließlich entsprechende Tabellen und Beispiele, wie:
1 Gulden macht 12 Groschen, 1 Groschen macht 12 Pfennige.
Die Gebiete „Münzschlag“ und „Beschickung des Tiegels“ – Aufgaben, die Ries als Beamter im erzgebirgischen Bergbaus zu erledigen hatte –, die Besonderheit magischer Quadrate, wie auch die Regula falsi wurden nicht in jedem Buch abgehandelt. Von besonderem Reiz, offensichtlich auch ein Geheimnis seines Erfolges, waren eingekleidete Textaufgaben nach folgendem Beispiel:
Jemand gibt seinem Knecht 25 Groschen, 10 Pfennige und 1 Heller. Der soll dafür Schweine-, Rind- und Kalbfleisch kaufen, und zwar in dem Verhältnis, dass auf 2 Pfund Schweinefleisch 5 Pfund Rindfleisch und 3 Pfund Kalbfleisch kommen. 1 Pfund Schweinefleisch kostet 8Pfennige, 1Pfund Rindfleisch 7 Pfennige und 1 Pfund Kalbfleisch 6 Pfennige. Wie viel muss er von jeder Sorte nehmen?
Riesens literarische Tätigkeit erschöpfte sich nicht nur in den genannten Rechenbüchern, sondern richtete sich auch auf Studien zur Algebra. So entstand die 534 Seiten umfassende „Coß“ – der Begriff Coß stand im Mittelalter für eine Unbekannte, eine Variable, Ries bezeichnete sie auch als Radix, Wurzel oder Ding. Mit den mathematischen Problemen seiner Zeit bestens vertraut, erwies sich Ries damit als versierter Algebraiker und umfassend gebildeter Cossist. Es galt nämlich, die muslimische Algebra nach mehr als 600-jähriger Stagnation durch Symbolisierung des äußeren Rechenvorganges in eine Form zu bringen, die als solche auch visuell sofort wahrgenommen werden konnte. Gleich anderen Cossisten verwendete Ries deshalb erstmals mathematische Symbole und Kunstworte – zum Beispiel zur rechnerischen Auflösung von Gleichungen zweiten oder dritten Grades oder bei der Behandlung von Irrationalitäten. Algebra war für viele Rechenmeister eigentlich kein Thema für ihre Rechenbücher, deshalb ist das Riese’sche Werk – gleich dem seines Zeitgenossen Heinrich Schreyber (Grammateus) – für diese Zeit eher eine Ausnahme. Die in Deutsch abgefasste Handschrift lag bis 1855 unbeachtet in der Kirchen- und Schulbibliothek in Marienberg/Erzgebirge und galt deshalb als verschollen; heute befindet sie sich im Erzgebirgsmuseum in Annaberg. Große Teile wurden bereits 1869 transliteriert, eine vollständige Faksimileausgabe (mit Kommentarband) erschien erst 1992 anlässlich Riesens 500. Geburtstages.1
Ries, im Jahre 1539 vom sächsischen Kurfürst Moritz zum „Churfürstlich Sächsischen Hofarithmeticus“ ernannt, machte sich in der Bergstadt Annaberg nicht nur als „Bergmann von der Feder“ und als Lehrer in der Rechenschule, sondern auch im Sinne des Gemeinwohls verdient. So oblagen ihm umfangreiche Pflichten als beauftragter öffentlicher Rechner, im Münzwesen und in der Landvermessung. Auch erhielt er die brisante Aufgabe, eine Brotordnung auszuarbeiten, um die Relationen zwischen Getreide- bzw. Mehlpreis und Gewicht und Preis der Brote für die Käufer zu garantieren. 1533 erschien dazu „Ein Gerechent Büchlein auffden Schöffel / Eimer vnd Pfundtgewicht / zu ehren einem Erbarn / Weisen Rathe auff Sanct annenbergk“; Ähnliches wurde auch für die Weinpreise erarbeitet.
Adam Ries war nicht unbedingt ein „Epoche machender Wissenschaftler“, jedoch ein aufgeschlossener Lehrer und eine charaktervolle Persönlichkeit, nicht zuletzt ein Repräsentant für den Übergang vom Abacismus zur „neuen Mathematik“, dem Algorism. Der neue Weg war keineswegs leicht; denn das „Rechnen auf den Linien“ war so stark im Denken der Europäer verwurzelt, dass es noch bis ins 18. Jahrhundert hinein gelehrt wurde, zumal man sich weiterhin vorbehielt, das „arabische Rechnen“ zusätzlich zu überprüfen. In Frankreich wurde gar erst im Zuge der Revolution von 1789 der Gebrauch des Abakus in Schulen und Behörden verboten. Dies erwies sich auch als Sieg für Mathematiker und Astronomen; denn vor allem sie waren die Wegbereiter, den „Pfennig“ gegen die „Feder“ zu tauschen – Adam Ries gehörte dazu.
Die mit großer Polemik geführten Auseinandersetzungen zwischen Algoristen und Abacisten schlugen sich auch in der zeitgenössischen Kunst nieder; am bekanntesten wurde ein Holzschnitt des Kartäusermönchs Gregorius Reisch. Sein Zeitgenosse Simon Jacob hatte zum Gebrauch des Abakus gegenüber dem Linienrechnen Folgendes anzumerken:
Es trifft zu, dass er bei Rechnungen im Haushalt von einigem Vorteil erscheint, wo man oft summieren, abziehen oder hinzufügen muss, aber in der hohen Kunst des Rechnens ist er sehr oft hinderlich. Ich behaupte nicht, dass man auf den Linien diese Rechnungen nicht anstellen kann, aber den Vorteil, den ein freier Wanderer ohne Lasten gegenüber einem schwer bepackten hat, den hat auch die Rechnung mit Zahlen gegenüber der Rechnung mit Linien.2
Zweifelsohne hat sich Ries mit großer Ernsthaftigkeit um die wissenschaftliche Fundierung der neuen Rechenkunst bemüht und auf diese Weise seine exponierte Stellung als Lehrmeister des deutschen Volkes in der Kunst des Positionsrechnens unterstrichen. Noch heute überzeugt sein didaktischer Grundsatz „Vom Leichten zum Schweren, vom Einfachen zum Zusammengesetzten, von der Anschauung zum Begriff“, um „alles auf das clerlichste und einfeltigste“ auszudrücken. In diesem Sinne wird die Schlussformel „Das macht nach Adam Ries(e)…“ wohl auch ewig Bestand haben.
Die Geburtsstätte der britische Computerindustrie ist die 1907 in London gegründete British Tabulating Machine Company (BTM), die zunächst die Hollerith-Maschinen im Britischen Empire vermarktete und dafür 25 % ihrer Erträge an die amerikanische Stammgesellschaft zu zahlen hatte. 1915 etablierte sich in Großbritannien eine Tochtergesellschaft der Powers Accounting Machines Company, die 1919 durch die British Assurance Company übernommen wurde und sich die Rechte auf den Vertrieb der Powers-Maschinen sicherte. 1923 wurde als französische Tochtergesellschaft die Société anonyme des machines à statistiques (SAMAS) gegründet, die schließlich in Powers-Samas aufging. BTM konnte sich auf dem Markt neben IBM einigermaßen behaupten, begann jedoch in den 20er und 30er Jahren – wie auch Powers-Samas – mit eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und einer selbstständigen Produktion, die mit Eintritt in den Zweiten Weltkrieg allerdings durch Rüstungsaufträge unterbrochen wurde.
In dieser Zeit nahm Großbritannien einen ungewöhnlichen Zugang zur Rechentechnik: die Kryptologie, d. h. die Analyse maschinenverschlüsselter Nachrichten. An den technischen Voraussetzungen arbeitete man bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts, da Funksprüche aus Sicherheitsgründen stets verschlüsselt werden mussten. Die Deutsche Wehrmacht verwendete dafür hauptsächlich die von Arthur Scherbius entwickelte Verschlüsselungsmaschine ENIGMA, aber auch die von Siemens gebaute Fernschreib-Chiffriermaschine T52 sowie den „Schlüsselzusatz“ SZ 40 und SZ 42 der Lorenz AG. Die Möglichkeiten, die Schlüssel aufzubrechen, waren zunächst gering, jedoch gab es exzellente Mathematiker – M. Rejewski in Polen, A. M. Turing und G. Welchman in Großbritannien –, denen die Analyse der übermittelten Daten mit wissenschaftlicher Raffinesse gelang. Im Jahre 1939 entschlossen sich die Polen, ihre Kenntnisse an die Alliierten weiterzugeben, was sich als hilfreich bei der Entwicklung entsprechender Maschinen erweisen sollte, denn bald begannen die Engländer, das gewaltige und strategisch wichtige deutsche ENIGMA-Material systematisch zu entschlüsseln. Entscheidend dafür war der Ausbau derGovernment Code and Cypher School (GCCS) in Bletchley Park bei London zu einem großen Zentrum für Kryptoanalyse und die Schaffung der ultrageheimen Organisation „Ultra“ und eines eigenen Net of Special Liaison Units (SLU), auf das alle alliierten Kommandeure Zugriff hatten. Bereits Anfang 1940 gelang es, mit Hilfe von Spezialmaschinen – man nannte sie „Bomben“ und gab ihnen die Namen Heath Robinson, Robinson and Cleaver und Super Robinson – die ersten Funksprüche zu dechiffrieren. Dies war ein großer Erfolg wider die deutsche Kriegsführung, bedenkt man, dass das tägliche Verkehrsvolumen zeitweise bis zu 2000 ENIGMA-Sprüche umfasste. 1943 folgte nach außergewöhnlich kurzer Entwicklungszeit die Inbetriebnahme einer sehr viel leistungsfähigeren, speziellen Codebreaking Machine, die als programmierbare, kombinatorische Zeichenverarbeitungsmaschine nicht nur höchsten technischen Fortschritt repräsentierte, sondern auch als eigenständiger Beitrag Englands zur Begründung der Computertechnik anzusehen ist. Die unter der Leitung von Thomas H. Flowers entwickelte COLOSSUS verfügte über 1500 Röhren und sehr schnelle photoelektrische Leser zur Eingabe der bis zu 600 m langen Lochstreifen mit einer Geschwindigkeit von 5000 Zeichen pro Sekunde. Damit ließen sich fehlerfreie Sequenzen von 1011 Boole’schen Operationen erreichen. Bis gegen Kriegsende konnten in England zehn verbesserte COLOSSUS-Maschinen in Dienst gestellt werden, in deren Umfeld ca. 10.000 Menschen (allein 2000 davon im Dreischichtbetrieb) mit der Entschlüsselung von Funksprüchen beschäftigt waren.
Einen herausragenden Beitrag dazu leistete der Mathematiker Alan M. Turing, der bereits in seiner 1937 erschienenen Arbeit „On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem“ das Prinzip des Universalrechners entwickelt und damit fundamentale Gedanken zu Computerarchitektur und Computerphilosophie dargelegt hatte. Seine Verdienste bei der Bewältigung kryptologischer Probleme wiegen, bezogen auf den Kriegsausgang, wohl ebenso schwer wie diejenigen der britischen Feldmarschälle und Admirale. Einzelheiten zu diesem Meilenstein der Computer- und Informatikgeschichte sind allerdings erst 1975 öffentlich gemacht worden, bis dahin hielt die englische Regierung nahezu alles streng geheim.
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges entschloss man sich, gestützt auf das Interesse des Verteidigungsministeriums und der Abteilung Wissenschaftliche und Industrielle Forschung (DSIR), ein nationales Computerprojekt zu etablieren. So begannen 1946 die Cambridge University, die Manchester University und das National Physical Laboratory in Teddington (Middlesex) mit entsprechenden Entwicklungsarbeiten, denen sich nur wenige Jahre später über ein Dutzend britische Forschergruppen sowie eine Reihe kommerzieller Firmen anschlossen. Zu diesen zählten das Birkbeck College der University of London, die Firmen Ferranti, English Electric, Elliot Brothers sowie BTM und Powers-Samas.
Die Arbeiten wurden durch die von E. W. Phillips, C. Wynn-Williams, A. D. Booth und A. M. Turing erbrachten theoretischen Vorleistungen entscheidend beeinflusst. Überragende historische Bedeutung bekam der unter der Leitung von M. V. Wilkes am Mathematical Laboratory der Cambridge University im Jahr 1949 fertig gestellte Electronic Delay Storage Automatic Computer (EDSAC), mit dem erstmals das Konzept der internen Speicherung der Befehlssequenz (= von Neumann-Architektur) verwirklicht wurde. Die Forschungsgruppe von Wilkes machte sich auch um die Herausgabe einer Systematik der Programmierungsverfahren sowie der logischen Planung von Rechenmaschinen verdient und entwarf das Konzept der Mikroprogrammierung. Es bestand darin, dass sich logisch komplizierte Makrobefehle aus logisch einfachen Mikrobefehlen konstituieren und durch interne feste Verdrahtung realisieren lassen.
F. C. Williams (Manchester University) befasste sich mit dem Prinzip der elektrostatischen digitalen Informationsspeicherung mittels Kathodenstrahlröhren (williams tube memory), das 1948 in einem kleinen Versuchsrechner praktiziert, aber auch in den USA beim IAS MANIAC-Computer und beim WHIRLWIND in Form der Rieselröhre (holding gun) realisiert wurde. Bis zur Erfindung des Magnetkernspeichers erwies sich die Williams-Röhre als das vorteilhafteste Speichermedium. Ein bedeutendes Forschungsergebnis stellt das nach dem Vorschlag von T. Kilburn entwickelte und speziell zur Befehlsumwandlung verwendete Indexregister (b-lines) dar, es wurde bald Bestandteil moderner Rechensysteme und erstmals im Manchester Computer MARKI (1951) eingesetzt.
Der kommerzielle Sektor griff die Wesentlichen Forschungsresultate auf, was sowohl den Elektronik- als auch den Büromaschinenproduzenten gute Startbedingungen verschaffte. Die Elektronikfirma Ferranti begann mit der Fertigung des MARKI der Manchester University, English Electric übernahm das ACE-Pilot-Modell als Grundlage des Rechners DEUCE. IBM, seit den 30er Jahren in Großbritannien fest etabliert, machte sich die Forschungsresultate des Birkbeck College für die Fertigung elektronische Multiplizierer und einfacher Rechner zunutze, die in hohen Stückzahlen verkauft werden konnten. Aus der Partnerschaft zwischen der Cambridge University und der Backwarenfirma J. Lyons & Co. entstand LEO-Computers, Ltd. (LEO – Lyons Electronic Office), wobei die LEO-Anlagen speziell für die Realisierung von Aufgaben der Massendatenverarbeitung konzipiert waren. Der praktische Einsatz erfolgte ab 1954 und zwar vor allem in den Gebieten Versand, Lagerbuchhaltung, Kostenanalyse, Marktforschung und Lohnabrechnung. Das war insofern vorteilhaft, als hierzu auch die Entwicklung spezifischer Anwendungssoftware und eigener Verarbeitungstechnologien nötig war.
Namhaft waren auch die Firmen Elliott Brothers (ab 1957 Elliott-Automation), besonders erfolgreich in der Herstellung von Computern für wissenschaftliche Aufgaben sowie für die Prozesssteuerung, und die 1958 gegründete Firma International Computers and Tabulators (ICT), zu jener Zeit mit 19.000 Angestellten Europas größter Computerproduzent. Einen Einschnitt auf dem Markt brachte die Ende 1959 erfolgte Ankündigung des relativ billigen und erfolgreichen Modells IBM 1401 – in nur wenigen Wochen wurden Tausende davon geordert. Viele Firmen sahen sich daraufhin veranlasst, ihre Marktstrategie zu verändern und zu fusionieren; so entstanden die drei großen britischen Computerhersteller ICT, English Electric – Leo – Marconi und Elliot Automation. Weitere Firmen jener Zeit waren Computer Technology Limited (CTL), Digico, Arcturas und Business Computers Limited (BCL).
Die langjährige kooperative Zusammenarbeit zwischen ICT und English Electric mit der amerikanischen Firma RCA führte auch zur gemeinsamen Entwicklung des Systems SPECTRA 70 als Antwort auf die Ankündigung des Systems IBM /360. Da man sich jedoch nicht sklavisch unterordnen wollte, entschied man sich bei ICT für ein Crash-Programm und entwickelte auf Basis der Ferranti-Packard FP 6000 die bekannte Serie ICT 1900. Das erste Modell konnte bereits im Januar 1965 ausgeliefert werden – die Marktakzeptanz übertraf alle Erwartungen; ICT entwickelte sich damit zum größten nichtamerikanischen Computerproduzenten mit einer Belegschaft von 34.000 Mitarbeitern. Die geplante Weiterentwicklung zum System KLX kam jedoch nicht zustande und wurde zugunsten des Systems SPECTRA 70 verworfen.
Die Rezession des britischen Pfundes und die Verschärfung der internationalen Konkurrenz verursachten für die Produzenten zahlreiche Schwierigkeiten. Gegenstrategien versprach ein Papier mit dem Titel „The Prospects for the United Kingdom Computer Industry in the 1970’s“, es stammte von einem Select Comittee on Science and Technology und enthielt scharfe Kritik an der britischen Regierung sowie die Forderung auf Unterstützung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Umfang von wenigstens 50 Millionen Pfund pro Jahr. Als Ergebnis eines Fünfjahresplans konnte ab 1977 das System ICT 2900 ausgeliefert werden. 1985 wurde ICL jedoch zunächst von der britischen Telekommunikationsfirma STC übernommen und 1990 dann an die japanische Firma Fujitsu verkauft. Der Regierung war es nicht gelungen, ICL als „national champion mainframe computer company“ zu erhalten.